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Jugendliche und Social Media

Ergebnisse der JIM-Studie 2018

Seit 20 Jahren untersucht der Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest (mpfs)1 die Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Die seit 1998 jährlich erhobene JIM-Studie (Jugend, Information, Medien) hat hierbei den Alltag der Zwölf- bis 19-Jährigen in Deutschland im Blick. Für die aktuelle JIM-Studie 2018 wurden ca. 1200 Jugendliche im Frühsommer 2018 telefonisch befragt.

Die Ergebnisse der JIM-Studie 2018 zeigen erneut, welch große Bedeutung das Internet mit all seinen Facetten für den Alltag von Jugendlichen hat. Als multifunktionale Plattform bietet es Kommunikation, unterhaltende Inhalte wie Musik, Videos und Games oder Informationen zum Tagesgeschehen, aus der Region und für die Schule. Ein Internetzugang ist heute in jedem Haushalt (98%) vorhanden, und auch neuere Angebote haben eine weite Verbreitung – zwei Drittel der Haushalte mit Jugendlichen haben einen Musik-Streaming-Dienst (68 %) und drei Viertel einen Video-Streaming-Dienst (77 %) abonniert. Für die Jugendlichen spielt das Smartphone eine zentrale Rolle. Mit 97 % hat praktisch jeder Jugendliche ein eigenes Gerät, das den wichtigsten Zugang zum Internet darstellt. 88 % der Mädchen und 71 % der Jungen geben an, am häufigsten mit dem Smartphone online zu gehen (s. Abb. 1).

Insgesamt sind 84 % der Internetnutzer täglich mit ihrem Smartphone im Netz. Im Durchschnitt verbringen Jugendliche nach eigenen Angaben pro Tag gut dreieinhalb Stunden (214 Minuten) online. Etwa jeweils ein Drittel dieser Zeit nutzen sie für Kommunikation (35 %) und unterhaltende Angebote (31 %), ein Viertel der Zeit wird gespielt (24 %) und ein Zehntel wird für den Bereich Information verwendet (10%). Die Aufteilung des Zeitbudgets spiegelt sich auch in den Angaben zu den liebsten Internetangeboten wider: 63 % nennen die Videoplattform YouTube als eines ihrer drei liebsten Online-Angebote, zwei Fünftel nennen den Messenger WhatsApp (39 %) und 30 % Instagram. Auf den weiteren Rängen folgen Netflix (18 %) und Snapchat (15 %).

Bei der Frage nach den wichtigsten Apps auf dem Smartphone zeigt sich ein ähnliches Bild, jedoch wird hier deutlich, dass die Kommunikation beim mobilen Zugang größere Bedeutung hat als die Nutzung von Videos. Für 87 % der Jugendlichen (mit Apps auf dem Smartphone) ist WhatsApp die wichtigste App, jeder Zweite nennt Instagram (48 %) und 37 % halten die YouTube App für wichtig, weiter haben noch Snapchat (31 %) und Spotify (10 %) Relevanz. Abgesehen von der universalen Präsenz von WhatsApp gibt es durchaus geschlechtsspezifische Unterschiede in der Bewertung. Während eher kommunikative Angebote wie Instagram und Snapchat häufiger von Mädchen genannt werden, hat bei Jungen YouTube eine höhere Bedeutung (s. Abb. 2).

Allein anhand der Darstellung der liebsten Online-Angebote und der wichtigsten Apps wird deutlich, dass SocialMedia-Angebote eine zentrale Rolle bei der Mediennutzung von Jugendlichen einnehmen. Betrachtet man den Aspekt der Kommunikation im Netz genauer, so dominiert klar WhatsApp. 95 % der Jugendlichen nutzen zumindest mehrmals pro Woche diesen Messenger, bei der täglichen Nutzung sind es mit 85 % kaum weniger. Jungen und Mädchen zeigen hier keine unterschiedliche Nutzungshäufigkeit. Die Nutzerinnen und Nutzer von WhatsApp erhalten nach eigener Schätzung pro Tag im Schnitt 36 WhatsApp-Nachrichten (s. Abb. 3).

Als weitere Kommunikationsplattform hat sich inzwischen Instagram etabliert, zwei Drittel der Jugendlichen (67%) verwenden diese Plattform regelmäßig, jeder Zweite sogar täglich (51 %). Gegenüber dem Vorjahr hat der Anteil regelmäßiger Instagram-Nutzer um zehn Prozentpunkte zugenommen. Bei Instagram sind Mädchen mit 73 % regelmäßiger Nutzung aktiver als Jungen mit 61 %. Dabei folgen Jugendliche vor allem Accounts von Personen aus dem Freundes- oder Bekanntenkreis. 82 % folgen häufig persönlich bekannten Personen, ein Drittel der Instagram-Nutzerinnen und -Nutzer folgt häufig Stars und Prominenten (32 %). Jede(r) Vierte kommentiert häufig Fotos oder Posts, 13% posten selbst häufig Bilder oder Videos und jede(r) Zehnte (11 %) postet häufig Insta-Stories. Die Instagram-Nutzung verändert sich im Altersverlauf kaum, und auchzwischen Mädchen und Jungen gibt es kaum Nutzungs unterschiede. Eine Ausnahme bildet das Interesse an Instagram-Inhalten von Stars: Während ein Viertel der männlichen Instagram-Nutzer häufig Stars oder Prominenten folgen, sind es bei den Mädchen fast doppelt so viele (40 %).

Abb. 1 Am häufigsten eingesetztes Gerät zur Internetnutzung 2018

Eine weitere Plattform für die Kommunikation ist Snapchat. 62 % der Mädchen und etwa jeder zweite Junge (47 %) nutzen diesen Dienst zumindest mehrmals pro Woche. Snapchat wird dann vor allem von Jugendlichen ab 14 Jahren genutzt, hier liegt der Anteil der regelmäßigen Nutzerinnen und Nutzer bei etwa drei Fünftel (14 bis 15 Jahre: 57%, 16 bis 17 Jahre: 59 %, 18 bis 19 Jahre: 58%), bei den Zwölf- bis 13-Jährigen fällt er deutlich geringer aus (41%). Bei Snapchat können die Jugendlichen Bilder und Videos aufzeichnen, mit Filter verfremden und diese entweder an eine bestimmte Benutzergruppe oder aber für alle User öffentlich posten oder auch live streamen. Das Besondere hierbei ist, dass die Bilder oder Videos, sogenannte »Snaps«, nur für einen bestimmten Zeitraum zu sehen sind und dann automatisch gelöscht werden. Bei der Nutzung von Snapchat steht ebenfalls meist der eigene Freundes- und Bekanntenkreis im Mittelpunkt. 86 % der Snapchat-Nutzerinnen und -Nutzer sehen sich häufig Snaps von Leuten an, die sie persönlich kennen, aktiv eigene Snaps verschicken etwa drei Viertel (72 %) der Snapchat-User häufig. Das Ansehen von Snaps von Stars und Prominenten ist deutlich seltener und eher für Mädchen (15 %) als für Jungen (9 %) eine häufig genutzte Tätigkeit. Als Mittel zur Markenkommunikation spielt Snapchat aus der Sicht der Jugendlichen kaum eine Rolle. Nur 8 % sehen sich zumindest gelegentlich Snaps von Formen oder Marken an. Ein Fünftel macht das eher selten und drei Viertel der User sehen sich nie entsprechende werbliche Inhalte an.

Eine zentrale Heimat für Jugendliche im Netz ist YouTube. Nicht zuletzt die Debatte um Artikel 13 (eigentlich nun Artikel 17), bei der viele Jugendliche mobilisiert wurden, sich gegen eine Urheberrechtsreform der EU einzusetzen, zeigte, welche – auch emotionale – Bedeutung YouTube für Jugendliche hat. Generell spielt die Bewegtbildnutzung bei Jugendlichen eine große Rolle. Hier haben sich über die letzten Jahre die Optionen deutlich erweitert. Neben dem klassischen linearen Fernsehen sind nun auch Streaming-Dienste wie Netflix oder Amazon prime in drei Viertel der Haushalte (77 %) vorhanden. Eine besondere Rolle nimmt aber YouTube ein. Als Plattform für alle Themen, für professionell wie privat motivierte Videos, als Videothek, aber auch als Veröffentlichungsort für eigene Filme ist YouTube die Bühne des Internets. 90 % der Jugendlichen nutzen mindestens mehrmals pro Woche YouTube, knapp zwei Drittel (64%) sogar täglich. YouTube wird vor allem mobil genutzt, 89 % verwenden das Smartphone, um dort Videos anzusehen. Die Lieblingsangebote der Jugendlichen sind sehr breit gefächert und kommen meist aus dem Themenbereich Games oder Musik. Die häufigsten Einzelnennungen bei den drei liebsten Angeboten sind die YouTuber Julian Bam (4 %), Bibis Beauty Palace, LeFloid, GermanLetsPlay (je 3 %) und Dagi Bee, Gronkh, Pietsmiet und Joeys Jungle mit je 2 %.

Plattformen wie YouTube, Instagram oder Snapchat bieten jeweils eigene formal vorgegebene Möglichkeiten zu kommunizieren, sich auszudrücken und sich im Netz darzustellen. Neben der Option für Einzelpersonen, hier selbst aktiv zu werden, sei es nur im engeren Freundeskreis oder aber öffentlich für alle Internetnutzer, sind diese Angebote aber auch Plattformen für Organisationen, Medienhäuser, Initiativen, professionelle und unprofessionelle Berichterstatter, Plattform für Musik, Sport und Kunst, aber auch für Extremisten und Verschwörungstheoretiker. Die Einheitlichkeit der Darstellung und die all diesen Inhalten gemeinsame Formatierung innerhalb der Plattform macht es oft nicht einfach, diese Inhalte differenziert wahrzunehmen oder eine reale Nachricht von Fake News zu unterscheiden. Daneben sind auch Jugendliche selbst durch ihre Kommunikation untereinander für problematische Situationen verantwortlich, beispielsweise, wenn es um das Thema Mobbing geht.

Abb. 2 Wichtigste Apps 2018

Abb. 3 Aktivitäten im Internet: Schwerpunkt Kommunikation 2018

Abb. 4 Kontakt mit Hassbotschaften

Die JIM-Studie bildet regelmäßig auch problematische Aspekte der Mediennutzung ab. Jeder fünfte Jugendliche (19%) gibt an, dass schon einmal (absichtlich oder versehentlich) falsche oder beleidigende Inhalte über die eigene Person per Handy oder im Internet verbreitet wurden. Dabei sind Jungen (22 %) etwas häufiger betroffen als Mädchen (15 %); der größte Anteil Betroffener ist mit 25 % unter den 16- bis 17-Jährigen zu finden (12 bis 13 Jahre: 13 %, 14 bis 15 Jahre: 20%, 18 bis 19 Jahre: 17 %). Jugendliche mit formal niedrigerem Bildungshintergrund sind eher betroffen (22 %) als Jugendliche mit formal höherem Bildungsniveau (16 %).

Geht es konkret um das Verschicken von Bildmaterial, also Fotos oder Videos, bestätigen 11 % der Jugendlichen, dass schon einmal peinliche oder beleidigende Fotos/Videos, auf denen sie zu sehen waren, verbreitet wurden. Dies trifft Mädchen und Jungen gleichermaßen; der größte Anteil Betroffener findet sich wieder unter den 16- bis 17-Jährigen.

Bei der Frage, ob im Bekanntenkreis schon ein mal jemand per Smartphone oder online »fertig gemacht« wurde, bejaht dies ein Drittel der Jugendlichen (34 %). Mädchen (39%) haben häufiger einen Fall von Cybermobbing mitbekommen als Jungen (30 %), und auch bei diesem Aspekt ist der Anteil unter den 16- bis 17-Jährigen am höchsten (40 %, 12 bis 13 Jahre: 28 %, 14 bis 15 Jahre: 32 %, 18 bis 19 Jahre: 35%). Jugendliche aller Bildungsniveaus haben hier ähnliche Erfahrungen gemacht. 8 % der Jugend lichen geben an, selbst schon online »fertig gemacht« worden zu sein. Mädchen (9 %) sind etwas häufiger als Jungen (6 %) Opfer von Cyber mobbing und Jugendliche mit formal niedrigerem Bildungsniveau (10 %, Gymnasium: 6 %) sind eher betroffen.

Des Weiteren wurden die Jugendlichen im Rahmen der JIM-Studie 2018 gefragt, wie oft sie schon mit Hass im Netz konfrontiert waren. Auf diese Frage antwortet jeder Fünfte, häufig mit Feindseligkeiten in Kontakt gekommen zu sein. 17% begegnen gelegentlich Hassbotschaften im Netz und 28% passiert dies selten. Gut jeder Dritte ist bisher noch nie auf Hassbotschaften im Netz gestoßen. Tendenziell kommen Jungen eher in Kontakt mit feindseligen Botschaften, zudem steigt mit dem Alter der Jugendlichen die Wahrscheinlichkeit, Hasskommentaren zu begegnen (s. Abb. 4).

Auf die Nachfrage nach den konkreten Plattformen oder Angeboten, auf denen Jugendlichen Hassbotschaften begegnet sind, werden meist YouTube und Instagram, vereinzelt auch Facebook, WhatsApp, Twitter, Online-Spiele und Kommentarbereiche von Nachrichtenangeboten genannt. Diejenigen Jugendlichen, die bereits mit Hassbotschaften im Netz in Kontakt waren, wurden zudem gefragt, wie sie konkret auf Hass im Netz reagiert haben. Hier zeigt sich jenach Kontext eine große Bandbreite an Reaktionen. EinGroßteil der Jugendlichen gab an, Hassbotschaften zuignorieren oder weiter zu scrollen. Teilweise berichteten dieJugendlichen, entsprechende Kommentare zu »disliken«.

Fälle, in denen Stars oder Prominente angegriffen wurden, wurden von den Jugendlichen tendenziell eher ignoriert, während Hassbotschaften, bei denen es um persönliche Bekannte oder die Befragten selbst ging, eher über die Plattform gemeldet wurden. Zudem wurden in Fällen aus dem persönlichen Umfeld eher die Urheber der Nachrichten blockiert und teilweise die Eltern eingeschaltet.

Die Ergebnisse der JIM-Studie 2018 zeigen, dass mit einer hohen Alltagsverbreitung auch Nutzungsrisiken neuer digitaler Medienangebote und Social-Media-Plattformen einherge hen. Aus einer medienpädagogischen Perspektive zeigen die Ergebnisse der JIM-Studie eindrücklich, dass Jugendlichen Grundkompetenzen vermittelt werden müssen, damit sie die Mechanismen der Mediensysteme erkennen und reflektieren und Medienangebote selbstbe stimmt und kompetent für sich nutzen können.

1 Träger des mpfs sind die Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK) und die Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz (LMK). Die Studien werden in Kooperation mit dem Südwestrundfunk (SWR) durchgeführt.

Autorinnen und Autoren

Sabine Feierabend
ist Referentin für Medienforschung/Programmstrategie beim Südwestrundfunk (SWR).
Kontakt:

www.swr.de

Thomas Rathgeb
ist Leiter der Abteilung »Medienkompetenz, Programm und Forschung« der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK).
Kontakt:

www.lfk.de

Theresa Reutter
ist Referentin für Medienund Publikumsforschung bei der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK) und Leiterin der Geschäftsstelle des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest (mpfs)
Kontakt:
www.mpfs.de

Alle Links und Autorenangaben beziehen sich auf das Erscheinungsdatum der jeweiligen Druckausgabe und werden nicht aktualisiert.

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